Im Schlaf lernen – das klingt erst einmal genauso traumhaft wie unwahrscheinlich. Wäre es möglich, ließen sich so ganz problemlos und nebenbei andere Sprachen oder Definitionen im Jurastudium verinnerlichen. Kurzum: Es wäre zu einfach, um wahr zu sein. Allerdings belegen mittlerweile gleich mehrere Studien, dass Lernen im Schlaf kein Traum bleiben muss, sondern tatsächlich möglich ist. Doch wie funktioniert Lernen im Schlaf genau und welche Grenzen hat die wohl entspannteste Lernmethode?
Lernen im Schlaf – Das Wichtigste in aller Kürze
- Babys und Kleinkinder verarbeiten Gelerntes und Erlebtes im Schlaf – darum brauchen sie viele Ruhephasen
- Auch bei größeren Kindern werden Erlerntes und motorische Fähigkeiten während des Schlafs vertieft
- Die Schlafqualität hat gerade bei Kindern Einfluss auf die kognitive Leistungsfähigkeit
- Erwachsene können in bestimmten Schlafphasen assoziativ lernen
Inhalt des Artikels
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Lernen im Schlaf ist für Kinder ganz normal
Neugeborene und Kleinkinder brauchen besonders viel Schlaf – das weiß jeder. Der Grund dafür ist allerdings weitaus unbekannter: Kleine Kinder benötigen lange bzw. viele Ruhephasen, um Eindrücke und Erlebnisse verarbeiten zu können. Während des Schlafens wandelt das Gehirn des Kindes Erlebtes und Erlerntes quasi in Wissen um – das Kind lernt im Schlaf.
Der Nachweis darüber, dass Lernen im Schlaf gerade für kleine Kinder ein ganz natürlicher Vorgang ist, gelang Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts und der Universität Tübingen. Diese konnten im Rahmen einer in Leipzig durchgeführten Studie eindrucksvoll zeigen, wie Schlaf zur Vertiefung und Verfestigung von Gelerntem beiträgt:
Dabei zeigten die Forscher Babys im Alter von 9 bis 16 Monaten immer wieder Bilder von real nicht existierenden Fantasieobjekten. Jedem Fantasieobjekt wurde ein Name zugeordnet, der dem Kind laut vorgelesen wurde, während es ein bestimmtes Objekt ansah. Nachdem alle Fantasieobjekte angesehen und alle Namen vorgelesen waren, hielt eine Hälfte der Kinder für maximal 2 Stunden einen Mittagsschlaf. Die andere Hälfte der Kinder hingegen blieb wach, durfte miteinander spielen oder sich anderweitig beschäftigen.
Nach Beendigung des Mittagsschlafs der einen Kindergruppe wurden allen Kindern noch einmal die Fantasieobjekt-Wort-Kombinationen gezeigt. Währenddessen wurde die Hirnaktivität der Kinder mit Hilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) gemessen.
Bei den Messungen stellte sich heraus: Die wachgebliebenen Kinder hatte viele Namen der einzelnen Fantasieobjekte vergessen. Die Schlafgruppen-Kinder hingegen konnten sich deutlich besser an die Zuordnungen erinnern.
Besser schlafen für mehr Erfolg
Wie die Studienergebnisse zeigen, können Säuglinge und Kleinkinder Gelerntes im Schlaf vertiefen. Schlaf hilft ihnen also dabei, Neues zu verarbeiten und schneller zu lernen. Allerdings profitieren auch größere Kinder und Jugendliche von gutem Schlaf: Während des Schlafens prägen sich Informationen langfristig ein und neu erlernte motorische Fähigkeiten werden fast, wie von allein vertieft.
Selbstverständlich gibt es auch hierfür wissenschaftliche Belege: Ein Forscherteam der Frankfurter Goethe-Universität und des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung führte eine Untersuchung an 110 Grundschulkindern durch. Die Kinder zwischen 8 und 11 Jahren bewältigten im Rahmen des sogenannten FLUX-Projekts jeden Tag Denkaufgaben auf speziell konzipierten Smartphones.
Bei der Auswertung der Ergebnisse stellte sich später heraus: Hatten die Kinder in der Nacht zuvor gut geschlafen, konnten sie die Aufgaben besser lösen. Hatten sie hingegen schlecht oder unruhig geschlafen, ließ die Leistung nach.
Hieran zeigt sich, dass auch die Qualität des Schlafs Auswirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit hat. Gerade für den Schulalltag ist guter Nachtschlaf darum besonders wichtig und macht Kinder auf Dauer sogar erfolgreicher beim Lernen.
Auch Erwachsene können im Schlaf lernen
Nicht nur Kinder können im Schlaf lernen – auch Erwachsene tragen die erstaunliche Fähigkeit grundsätzlich in sich. Der Beweis dafür, dass selbst Erwachsene im Tiefschlaf komplexere Informationen aufnehmen und sie im Wachzustand wieder abrufen können, gelang Forschern aus der Schweiz.
Im Rahmen ihrer Untersuchung konnte belegt werden, dass das menschliche Gehirn dazu in der Lage ist, im Schlaf (und damit ohne Bewusstsein) Informationen zu verinnerlichen und später auf das Gelernte zurückzugreifen. Um diesen Beweis zu erbringen, wurden 41 Probanden im Schlaf Fantasiewörtern vorgespielt. Den Fantasiewörtern wurden unterschiedliche Bedeutungen zugeordnet (z.B. „Flox – Huhn“).
Nach dem Aufwachen wurden die Probanden dann nach den Fantasiewörtern gefragt. Sie sollten beispielsweise bestimmen, ob Flox groß oder klein ist, ob Flox in einen Schuhkarton passt oder nicht. Bei den Versuchen stellte sich heraus: Hatten die Probanden den Fantasie-Begriff während einer bestimmten Schlafphase gehört, konnten sie ihn korrekt etwas Kleinem oder Großem zuordnen. Je nachdem, welche Bedeutung des entsprechenden Fantasiebegriffs sie im Schlaf gehört hatten.
Die richtige Schlafphase entscheidet über den Lernerfolg
Sieht man sich Studienergebnisse an, scheint assoziatives Lernen im Schlaf auch für Erwachsene durchaus möglich zu sein. Etwa das Vertiefen von Vokabeln durch Vorspielen einer Tonaufnahme im Schlaf könnte demnach z.B. bei Prüfungsvorbereitungen hilfreich sein.
Wichtig ist dabei allerdings nicht nur, was im Schlaf gehört wird. Auch das Wann entscheidet über den Lernerfolg. Wie die Untersuchung der Schweizer Forscher nämlich zeigte, konnten die Probanden nur die im Schlaf aufgenommenen Begriffe auch im Wachzustand abrufen, die sie in den sogenannten „Up-state“-Schlafphasen gehört hatten.
Unter „Up-state“ versteht man dabei Phasen während des Schlafs, in denen sämtliche Gehirnzellen zeitgleich aktiv sind. Diese aktiven Schlafphasen dauern nur kurze Zeit an und wechseln sich mit passiven Schlafphasen ab. Die verschiedenen Phasen lassen sich allerdings nur mit einem EEG-Gerät nachweisen.
Aus dieser Erkenntnis ergibt sich: Lernen im Schlaf dürfte wohl nicht für jedermann geeignet sein. Schließlich würde es, um wirklich effektiv zu sein, etwa die durchgehende Beschallung mit Vokabeln über die gesamte Schlafdauer hinweg voraussetzen. Für Menschen mit bestimmten Lernschwierigkeiten bieten die Erkenntnisse aber durchaus Perspektiven. Schließlich könnten sie etwa zur Entwicklung zweistufigen Lernverfahren mit bewussten und unbewussten Lernphasen genutzt werden.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Lernen im Schlaf – gibt es Studien dazu?
Es gibt gleich mehrere Studien zum Thema „Lernen im Schlaf“. Die bahnbrechendste unter ihnen stammt aus der Schweiz und zeigt, dass auch Erwachsene im Schlaf assoziativ lernen können. Im Rahmen der Untersuchung wurden Erwachsenen bestimmte Begriffe im Schlaf vorgespielt. Auch im Wachzustand konnten viele Teilnehmer die Begriffe später noch abrufen.
Wer kann im Schlaf lernen?
Prinzipiell können sowohl Kinder als auch Erwachsene im Schlaf lernen. Allerdings sind Kinder auf Lernprozesse im Schlaf intensiver angewiesen als Erwachsene. Insbesondere Babys und Kleinkinder nutzen ihre Ruhephasen nämlich besonders intensiv dazu, Gelerntes und Erlebtes zu vertiefen und zu verarbeiten.
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