Das Gähnen ist ein natürlicher Reflex – genauso wie Schluckauf oder Niesen. Im Gegensatz zu den meisten anderen körperlichen Reflexen gibt es jedoch für das Gähnen keine zutreffende Erklärung. Stattdessen scheiden sich beim Versuch, das Gähnen und seine Zusammenhänge zu erklären, die Geister der Experten. Während man bis 1987 annahm, dass das Gähnen dabei helfen soll, das Gehirn mit Sauerstoff zu versorgen, geht man mittlerweile davon aus, dass stattdessen durch den Gähnreflex das Gehirn abgekühlt werden soll. Doch warum gähnen wir, wenn wir müde sind? Warum ist das Gähnen ansteckend? Und warum weinen wir beim Gähnen? Diesen und weiteren Fragen möchten wir hier auf den Grund gehen.
Warum gähnen wir? Fakten im Überblick
- Es gibt verschiedene Erklärversuche für die Ursache des Gähnens
- Ansteckend ist das Gähnen aufgrund emotionaler Nähe und Einfühlungsvermögens
- Wir gähnen bei Müdigkeit, bei Stress, Hunger oder Langeweile
- Nicht nur alle Säugetiere, sondern wahrscheinlich sogar alle Wirbeltiere gähnen
- Das „Weinen“ beim Gähnen ist der damit einhergehenden Anspannung der Gesichtsmuskeln zuzuschreiben
Inhalt des Artikels
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Warum gähnen wir? Die 3 besten Erklärversuche der Experten
Im Laufe unseres Lebens gähnen wir etwa 250.000 Mal – jeweils etwa sechs Sekunden lang mit 4 cm weit geöffnetem Mund. Zu diesem Ergebnis sind Experten in Bezug auf das Gähnen mittlerweile gekommen. Verlässliche Informationen zur Ursache des Gähnens gibt es jedoch noch immer nicht – stattdessen existieren fünf unterschiedliche Theorien der Experten, die das Gähnen zu erklären versuchen.
Fehlender Sauerstoff
Jahrelang hielt sich die These, Gähnen sei ein Resultat von fehlendem Sauerstoff im Körper, der diesem durch das tiefe Ein- und Ausatmen beim Gähnen zugeführt werden soll. Diese These ist jedoch schon seit 1987 widerlegt: Der US-Psychologe Robert Provine wies in einem Experiment nach, dass die Sauerstoffversorgung keinen Einfluss auf die Häufigkeit des Gähnens hat.
Müdigkeit
Eine ebenso beliebte wie genauso widerlegte These besagt, dass der Körper durch das Gähnen gegen aufsteigende Müdigkeit ankämpft. Gähnen soll angeblich wach machen – eine Studie aus der Schweiz hat jedoch belegt, dass die Hirnaktivität vor und nach dem Gähnen keine Unterschiede aufweist. Dennoch gehen viele Forscher davon aus, dass das Gähnen dem Wachwerden oder zumindest der Steigerung der Aufmerksamkeit dienen soll. Diese These wird dadurch untermauert, dass wir besonders häufig in langweiligen Situationen oder bei gleichbleibenden Tätigkeiten gähnen.
Thermoregulation
Ein weiterer Erklärungsansatz besagt, dass das Gähnen der Thermoregulation im Gehirn dient. Hierfür spricht ein Tierversuch amerikanischer Psychologen, bei dem Ratten gähnten, sobald die Temperatur in ihrem Gehirn anstieg. Durch das Gähnen sank die Gehirntemperatur daraufhin wieder. Ausgehend von dieser Hypothese wurden schließlich auch Untersuchungen beim Menschen durchgeführt. Hierbei zeigte sich, die Probanden seltener gähnten, wenn die Außentemperatur höher war als die Körpertemperatur. Eine andere Studie zeigte, dass im Sommer insgesamt mehr gegähnt wird.
Die Wissenschaft des Gähnens: Von der Ansteckungsgefahr bis hin zum Weinen
Es ist kein Geheimnis, dass das Gähnen „ansteckend“ ist – fängt einer damit an, tun es ihm innerhalb kurzer Zeit fast alle anderen im Raum anwesenden Personen gleich. Auch hierfür ist die genaue Ursache nicht eindeutig ermittelt. Neben den Spiegelneuronen, die als treibende Kraft hinter der Nachahmung und damit der Grundlage des menschlichen Lernens stehen, gehört auch das Synchronisieren mit der Gruppe zu den Grundlagen des ansteckenden Gähnens. Hierbei wurde ein Zusammenhang zwischen Empathie und Nachahmungsverhalten festgestellt. Personen, die sich nur schwer vom Gähnen anderer anstecken lassen, haben demnach eine geringere Empathie.
Eine weitere interessante Besonderheit des Gähnens ist das damit verbundene „Weinen“: Bei starkem Gähnen fließen bei vielen Menschen unweigerlich Tränen, was jedoch keineswegs auf emotionale Gründe zurückzuführen ist. Stattdessen wird beim Gähnen die Gesichtsmuskulatur stark angespannt, wodurch Zug auf die Augenlider ausgeübt wird. Dies ist einer der Gründe, weshalb beim Gähnen häufig Tränen fließen: Im Ober- und Unterlid befinden sich zahlreiche Tränendrüsen, die sich durch den Muskelzug entleeren. Darüber hinaus aktiviert das Gähnen einen Reflex, der die beiden Tränendrüsen innerhalb der Augenhöhlen zur Produktion von Tränenflüssigkeit anregen.
Fazit: Das Gähnen ist noch kaum erforscht
Obwohl es sich beim Gähnen um ein Phänomen handelt, das nicht nur bei uns Menschen, sondern auch in der Tierwelt beobachtet werden kann, ist dieser vermeintliche Reflex bislang kaum erforscht. Jürgen Zulley, Professor für Biologische Psychologie an der Universität Regensburg und ehemaliger Leiter des schlafmedizinischen Zentrums am dortigen Universitäts- und Bezirksklinikum, erklärt das fehlende Interesse an einer Forschung zum Thema „Gähnen“ in der geringen gesundheitlichen Relevanz. Erst 2010 haben sich zum ersten Mal Wissenschaftler aus aller Welt zu einem Gähn-Kongress getroffen und dort ihre Forschungsergebnisse ausgetauscht. Bis das Gähnen jedoch vollständig entschlüsselt ist, wird wahrscheinlich noch viel Zeit vergehen.
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